Nürnberg. Am  1. Juli ist das neue deutsche Organ- und Gewebespenderegister (OGR) in die zweite Phase gestartet: Intensivmediziner werden dann in allen Entnahmekliniken die dort hinterlegten Eintragungen einsehen müssen. Trotz der gesetzlich vorgeschriebenen Registerabfrage bei jedem potenziellen Organspender bestehen nach wie vor signifikante Herausforderungen in den Kliniken, insbesondere hinsichtlich einer zuverlässigen elektronischen Anbindung an das Register. An einem gemeinsamen Runden Tisch im Bundesgesundheitsministerium (BMG) haben auch Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI) konstruktiv mitgearbeitet. Gemeinsam erstellten alle Akteure unter anderem eine Liste mit FAQs, die die Kliniken in der Anfangszeit unterstützen sollen. 

Die absehbaren Schwierigkeiten bei der Anbindung an das Register waren bei deutschlandweiten Umfragen in den Netzwerken der Transplantationsbeauftragten erkannt worden. Um sicherzustellen, dass die Einführung des OGR keine Organspende behindert, hat das BMG daraufhin in Zusammenarbeit mit Intensivmedizinern, Vertretern der Netzwerke der Transplantationsbeauftragten sowie den Organspende-Sektionen der DGAI und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) einen Runden Tisch etabliert. „Durch diese gemeinsamen Maßnahmen sind die Transplantationsbeauftragten, die zu ca. 60 Prozent aus uns Anästhesistinnen und Anästhesisten bestehen, sichtbarer geworden und konnten aktiv zum Umgang mit dem OGR beitragen, insbesondere durch die Entwicklung verschiedener Überbrückungshilfen", erklärt Prof. Klaus Hahnenkamp, Federführender der Kommission Organspende und Organtransplantation der DGAI.

Im Rahmen dieses sehr konstruktiven Dialogs wurde auch erstmals eine Liste mit FAQs durch das BMG erstellt, das praxisrelevante Fragen zum OGR beantwortet. Diese FAQs sind unter BfArM FAQs abrufbar. Zudem richtete das BfArM eine „offene Sprechstunde“ für IT-Probleme ein, und eine 24/7 erreichbare Telefonhotline wurde als Ersatzverfahren geschaffen, die bis zum 30. September 2024 für alle abrufberechtigten Ärzte des BfArM offenbleibt.

Auch Abläufe für Gewebespende wurden geregelt

Auch die Gewebespende wurde im Rahmen des Runden Tisches geregelt: Die Gewebespendeeinrichtungen haben nun direkten Zugriff auf das Register, die Intensivmediziner müssen damit diese Aufgabe nicht zusätzlich übernehmen. Dies markierte im Übrigen den Beginn des fortlaufenden Dialogs mit dem BMG: In einem gemeinsamen Brief hatten Prof. Hahnenkamp und DGAI-Präsident Prof. Dr. Benedikt Pannen zu Jahresbeginn auf die ungeklärte Situation aufmerksam gemacht, was zur Etablierung des Runden Tisches sowie zur Bearbeitung der Herausforderungen im Zusammenhang mit dem OGR geführt hatte. 

Die Motivation der Transplantationsbeauftragten, den Patientenwillen für eine Organspende trotz möglicher Schwierigkeiten bei der OGR-Abfrage gesetzeskonform zu erfüllen, ist hoch – auch dies ist ein Ergebnis aus den Netzwerkumfragen. Das Ziel eines verlässlichen elektronischen Zugriffs auf das OGR bei jeder potenziellen Organspende darf trotz der skizzierten temporären Hilfestellungen nicht aus den Augen verloren werden, mahnen Prof. Hahnenkamp und DIVI-Sektionssprecher Dr. Klaus Michael Lücking. Sie verbinden damit die Bitte an die Krankenhäuser, die gesetzlich vorgeschriebene Aufgabe der Anbindung an das OGR zur Priorität zu machen. 

Richtlinie Spendererkennung der Bundesärztekammer wurde ebenfalls auf den Weg gebracht

Wie es bereits mehrfach der Fall war, werden die Netzwerke mit einer Umfrage unter den Transplantationsbeauftragten spätestens im Herbst 2024 erneut die Realität auf den deutschen Intensivstationen abfragen. „Nicht erst im Kontext weiterreichender Reformbestrebungen in der Organspende“, unterstreicht Dr. Lücking, „sondern bereits hier und heute müssen sich alle Menschen, die ihren Willen für oder gegen die Organspende in diesem Register dokumentiert haben, darauf verlassen können, dass diese essenziellen Informationen im Fall des Falles verlässlich abgerufen werden können und auch abgerufen werden.“


Ein weiterer Punkt wurde daher schon vor dem 1. Juli in der ersten Lesung der Ständigen Kommission Organtransplantation (StaeKO) auf den Weg gebracht: Der notwendige Überarbeitungsprozess für die entsprechende Richtlinie zur Spendererkennung der Bundesärztekammer (BÄK) wurde unter Einbezug der Registerabfrage bereits angeschoben, berichtet DGAI-Vertreter Prof. Hahnenkamp, der Federführender dieser Richtlinie ist.