Eine neue S3-Leitlinie zur Lagerungstherapie und Mobilisation von kritisch Erkrankten auf Intensivstationen wurde veröffentlicht.
Die Leitlinie wurde federführend von der DGAI erstellt.
Die Mobilisation kritisch erkrankter Patientinnen und Patienten auf der Intensivstation ist ein essenzieller Bestandteil von Behandlungspfaden der heutigen Intensivmedizin. Seit der letzten Veröffentlichung der S2e-Leitlinie „Lagerungstherapie und Frühmobilisation zur Prophylaxe oder Therapie von pulmonalen Funktionsstörungen" im Jahr 2015 haben sich neue Behandlungsprinzipien etabliert. Zudem gibt es seit der letzten Aktualisierung in vielen Bereichen der Lagerungs- und Frühmobilisationstherapie neue Evidenz. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit der Überarbeitung der derzeit geltenden Empfehlungen unter Erfüllung der Relevanzkriterien für Leitlinien.
Ziel war es, durch Erstellung einer neuen S3-Leitlinie die oben benannte gültige S2e-Leitlinie zu überarbeiten und an den aktuellen Forschungsstand anzupassen. In der neuen S3-Leitlinie „Lagerungstherapie und Mobilisation von kritisch Erkrankten auf Intensivstationen“ werden Empfehlungen ausgesprochen, die eine möglichst hohe Qualität und Sicherheit in Bezug auf die Lagerungs- und Mobilisationstherapie gewährleisten oder sich prognostisch positiv auf Endpunkte wie Mortalität, Funktionalität, Lebensqualität, Kognition, Beatmungsdauer oder die Intensivstations- sowie Krankenhausverweildauer auswirken können.
Die drei wichtigsten Kernaussagen auf einen Blick:
1. Lagerungstherapie: Die Leitlinie hält eine Oberkörperlagerung von kritisch Erkrankten für angebracht. Im Gegensatz zur Vorversion wird ein Winkel ≥40° empfohlen, da die Literatur dafür positive Effekte aufzeigt. Allerdings wurde ergänzt, dass die hämodynamischen Nebenwirkungen und das Risiko von Druckulzera bei derart hohem Winkel zu beachten sind. Bei der Bauchlagerung gab es Detailanpassungen und die Aufnahme von „awake proning“ (Bauchlagerung im Wachzustand) für COVID-19 Patient:innen
2. Mobilisation: Die Definition von Frühmobilisation als innerhalb von 72h nach Intensivaufnahme wurde beibehalten. Weiterhin ist für alle kritisch Erkrankten Mobilisation empfohlen, allerdings der Empfehlungsgrad aufgrund der Evidenzlage stark für Patientinnen und Patienten, die vor dem Krankenhausaufenthalt funktionell unabhängig waren und schwach für Patientinnen und Patienten die zuvor eingeschränkt waren. Damit Mobilisation stattfindet, wird empfohlen Immobilisation explizit anzuordnen.
3.Hilfsmittel, NMES und Sonstiges: Die funktionelle Mobilisation ist anderen Formen der Mobilisation vorzuziehen. Insbesondere für das Bettfahrrad wurde die Evidenz entsprechend herabgestuft, während für die neuromuskuläre elektrische Stimulation zumindest eine schwache Empfehlung ausgesprochen wurde. Für anderweitige Hilfsmittel insbesondere Robotik existiert keine ausreichende Evidenz. Ebenso kann eine Kombination von Mobilisation und hoher Proteindosis aktuell nicht empfohlen werden.
Sie finden die Leitlinie ab sofort im Register der AWMF