Eine neue S2k-Leitlinie "Katastrophenmedizinische prähospitale Behandlungsleitlinien" wurde veröffentlicht.
Die Leitlinie wurde federführend von der DGAI erstellt.
Die drei wichtigsten Kernaussagen auf einen Blick:
1. Ressourcen-Verteilung in der Katastrophenmedizin
Die Leitlinie definiert den Begriff Katastrophenmedizin: „Katastrophenmedizin ist die medizinische Versorgung in Katastrophen oder Großschadensereignissen mit Mangel an Ressourcen (personell und/oder materiell) und nicht nutzbarer Infrastruktur, bei der von der Individualmedizin abgewichen wird, um das bestmögliche Behandlungsziel für die größtmögliche Anzahl von Patienten zu erreichen.“ Deshalb sollen die Behandlungen der Patient:innen priorisiert werden, die am dringlichsten sind und gleichzeitig die größten Erfolgsaussichten besitzen. Zur Verteilung von Personal, Material und Zeit soll das Prinzip des Sichtungsprozesses zur Anwendung kommen. Es wird empfohlen, diese Enscheidungsprozesse und Behandlungsverfahren durch Schulungen und praktische, interprofessionelle Übungen regelmäßig zu trainieren.
2. Blutungskontrolle
Die lebensbedrohliche Blutung ist in Großschadenslagen die häufigste Ursache für vermeidbare Todesfälle. Deshalb empfiehlt die Leitlinie die Anwendung des X-ABCDE-Schemas zur schnellen Erkennung von kritischen Blutungen. Das Tourniquet wird als schnelle, effizient anzuwendende Methode der Gefäßkompression bei vielen gleichzeitig Verletzten angesehen. Alternative Kompressionsmaßnahmen zur Stillung von kritischen Extremitätenblutungen und die Wundtamponade für körperstammnahe kritische Blutungen sind in der Leitlinie ebenfalls als etablierte Verfahren beschrieben. Auch regelmäßige Kontrollen der Extremität unterhalb der Abbindung sowie die Überprüfung der Notwendigkeit fortgeführter Gefäßkompression sind zur Vermeidung von irreversiblen Gewebeschäden empfohlen.
3. Behandlung von Weichteilverletzungen
In Katastrophenlagen treten Weichteilverletzungen am häufigsten auf, meist zusammen mit weiteren Verletzungen. Nach Empfehlung der Leitlinie sollen diese Weichteilverletzungen als verunreinigt und infektionsgefährdet bewertet und mit Trinkwasser gereinigt werden. Primärer Wundverschluss wird nicht empfohlen. Ein sekundärer Wundverschluss soll frühestens am 2.-5. Tag nach Trauma erfolgen. Antibiotikatherapie wird bei freiliegenden Leitungsbahnen, Beteiligung von Gelenken, Knochen oder bei klinischen Hinweisen auf systemische bakterielle Infektion empfohlen.
Sie finden die Leitlinie ab sofort im Register der AWMF